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Emotionsregulation: Wütend, traurig, überglücklich

Ein Elternanlass am 12. Mai widmete sich dem Thema der Emotionsregulation. Zielpublikum waren Familien mit Primarschulkindern. Wir haben mit den Organisatorinnen Melanie Kalt und Sarah Walder über den Umgang mit Gefühlen gesprochen.

Janine Haas

Der kostenlose Workshop «Emotionsregulation» war eine gemeinsame Veranstaltung der Primarschule und der Stadt Uster. Im Zentrum stand die Frage, wie Kinder lernen können, ihre Emotionen zu regulieren, und wie Eltern sie dabei begleiten und unterstützen können. Mit rund 100 Teilnehmenden wurde das Angebot rege genutzt.

«Gefühle oder Emotionen können angenehm oder unangenehm sein und unterscheiden sich in ihrer Stärke und Dauer», erklärt Familienberaterin Melanie Kalt. «Ziel ist es, dass wir alle angemessen mit unseren Gefühlen umgehen können – also so, dass sich alle wohlfühlen.» Bei der Unterstützung von Kindern sind drei Schritte besonders hilfreich: die Emotionen erkennen, Empathie zeigen und Unterstützung in der Problemlösung geben.

Melanie Kalt ist Familienberaterin und Fachfrau Betreuung Kind. Die Mutter von zwei Kindern ist als Schulassistenz im ISR-Setting tätig. Im Sommer beginnt sie das Studium der Sozialpädagogik.

Sarah Walder ist entwicklungspsychologische Familienberaterin und Fachfrau Betreuung Kind und Klassenassistenz einer Lerninsel in Winterthur. Auch sie ist Mutter von zwei Kindern.

«Kinder unterdrücken oft ihre Gefühle, aber irgendwann müssen sie raus – und meistens passiert das zu Hause, wo sie sich sicher fühlen.»
Melanie Kalt

Wenig Platz für Gefühle im Alltag

Wenn es um Gefühle geht, geht es immer auch um Bedürfnisse. Ist ein Bedürfnis erfüllt, sind die Emotionen positiv. Wir freuen uns zum Beispiel oder fühlen uns glücklich. Ist ein Bedürfnis nicht oder nur ungenügend gestillt, kommen negative Gefühle auf wie Traurigkeit, Frust oder Wut.

Aber was macht den Umgang mit Gefühlen so herausfordernd? «Im turbulenten Alltag ist oft zu wenig Raum und Platz für Emotionen», sagt Melanie Kalt. «Die Tage sind vollgepackt mit Schule, Hort und mehr. Kinder unterdrücken oft ihre Gefühle, aber irgendwann müssen sie raus – und meistens passiert das zu Hause, wo sie sich sicher fühlen.»

«Kinder kämpfen bei einem Gefühlsausbruch für sich, nicht gegen ihre Eltern.»
Sarah Walder

Jedes Verhalten hat einen Grund

Das Eisbergmodell zeigt auf, dass das Verhalten – zum Beispiel ein Wutausbruch – nur die sichtbare Spitze des Eisbergs ist. Ursache dieses Verhaltens sind bestimmte Bedürfnisse, die Emotionen hervorrufen. «Jeder Mensch gibt sein Bestes, um die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, und macht es so gut, wie er oder sie dies gerade kann», so Familienbegleiterin Sarah Walder. «Kinder kämpfen bei einem Gefühlsausbruch für sich, nicht gegen ihre Eltern. Wenn man diese Perspektive einnimmt, wird es oft leichter.»

Hinter jedem NEIN steckt ein JA zu etwas anderem

Wenn ein Kind zum Beispiel ins Spiel mit Freunden vertieft ist und zum Abendessen gerufen wird, prallen zwei unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. Das Kind möchte spielen – die Mutter oder der Vater möchte ein gemeinsames Essen. «Es hilft, solche Übergänge ein paar Minuten vorher schon mal anzukünden», sagt Melanie Kalt. «Wenn das Kind dann trotzdem noch wütend und frustriert ist, zeige ich Verständnis für seine starken Gefühle, benenne diese (z. B. «ich sehe, das macht dich traurig»), bleibe aber konsequent in der Handlung.»

Was tun bei einem Gefühlsausbruch?

In der Situation ist es ist wichtig, die Gefühle der Kinder zu begleiten, ernst zu nehmen und auszuhalten.

  • Ruhe, Gelassenheit, Klarheit ausstrahlen.
  • Körperliche Nähe anbieten, wenn es das Kind möchte.
  • Liebevoll konsequent sein.
  • Nach dem Wutanfall für eine ruhige und entspannte Atmosphäre sorgen und Nähe geben.
  • Die Gefühle benennen (zum Beispiel: „Ich sehe, das macht dich wütend“).
  • Wenig sprechen.

Vorbeugend kann man ebenfalls einiges tun:

  • Freiräume geben, weniger »Neins» aussprechen.
  • Wichtige Grenzen konsequent setzen (z. B. Regeln für Medienzeit).
  • Gefühle benennen und Bedürfnisse erkennen.
  • Selbständigkeit fördern und den Kindern ein Mitspracherecht geben (im Alltag, aber z. B. auch mit einer Familiensitzung).
  • Den Kindern Zeit geben, sich auf neue Situationen einzustellen.
  • Verlässlich und authentisch sein.

Eltern sind Vorbilder

Kinder lernen durch uns Erwachsene. «Wir haben eine Vorbildfunktion und unser Umgang mit den eigenen Emotionen ist prägend für die Kinder», sagt Sarah Walder. «Deshalb sei es wichtig, dass Eltern an der eigenen Emotionsregulation arbeiten. Regulation vor Co-Regulation!»

Am Workshop wurde die sogenannte Wuttreppe präsentiert. Mitten in der Situation helfen zum Beispiel tiefes Ein- und Ausatmen, auf zehn zählen, sich schütteln, langsam ein Glas Wasser trinken oder kurz aus der Situation gehen. Man kann auch sagen: «Das macht mich jetzt wütend. Ich brauche eine kurze Pause, bin gleich wieder für euch da.» Denn in der Phase der Wut können auch Erwachsene sich nicht mehr gut kontrollieren und dann steigt die Gefahr von psychischer oder physischer Gewalt.

Vorbeugend sei es wichtig, dass Eltern ihre eigenen Stressfaktoren erkennen und minimieren. Sarah Walder: «Hierfür muss man vor allem die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen. Aber auch Entspannungstechniken, Klopftechniken und das Üben von Entschleunigung helfen.

Neue Ideen für den Alltag

Viele Eltern, die am Workshop teilnahmen, waren froh zu erleben, dass es anderen Familien ähnlich geht, und sind mit neuen Ideen und neuem Mut nach Hause zurückgekehrt. Der Anlass soll künftig jährlich stattfinden.

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